Reizüberflutung ist das wahrscheinlich größte Problem für
HSM. Der menschliche Wahrnehmungsfilter lässt sich nicht einfach den
Gegebenheiten anpassen. Unabhängig von den äußerlichen Umständen (leise – laut,
geordnet – chaotisch, einsam – umgeben von hunderten Menschen,…) nehmen wir immer
die gleiche Menge an Informationen auf. Bei HSM ist der Wahrnehmungsfilter nur viel
weiter geöffnet. Er ermöglicht es uns Gefühle anderer Menschen zu erkennen,
Musik intensiver wahrzunehmen und Kunstwerke vielschichtiger deuten zu können.
Genau diese Stärke wird uns zum Verhängnis. Aus viel wird zu viel.
Die Gefühle eines Menschen können entspannt
wahrgenommen werden. Die Aufmerksamkeit ist dann auf eine Person fokussiert.
Die sich widersprechenden Gefühle von zehn, zwanzig oder hundert Menschen
gleichen einem Orchester, bei dem jedes Mitglied ein anderes Instrument spielt.
Und wenn wir schon beim Thema sind: Gleiches gilt auch für Geräusche. In
modernen Großstädten buhlen die verschiedensten Geschäfte um unsere
Aufmerksamkeit. Lichter, Leuchtreklamen, Schaufenster und Musik sollen uns
anlocken. Dazwischen Verkehrslärm, hunderte Menschen mit ihren Unterhaltungen
und Handys, Baustellen, Straßenkünstler, Fluglärm,… Die Kakophonie unserer
Industriegesellschaft. Sie macht bereits normal sensiblen Menschen schwer zu
schaffen. Wie viel mehr strengt sie dann HSM an?
Wie kann dieses
Problem gelöst werden?
Zuerst einmal greifen die meisten Hochsensiblen auf eine
umfassende Pausengestaltung zurück. Die Pausen dienen dem Rückzug in die
Einsamkeit und der Sammlung. Auf diese Weise lassen sich die verstopften
und übererregten Sinne wieder reinigen und beruhigen. Unterstützen können dabei
Entspannungstechniken, Meditation, Spaziergänge in der freien Natur, Tai Chi
und ähnliches. Wie viel Raum diesen Pausen gegeben werden kann oder muss ist
vom Lebensstil und dem beruflichen Umfeld des HSM abhängig. Besser ist aber
eher mehr als weniger. In akuten Notsituationen können auch Ohrstöpsel (auf
Markennamen möchte ich hier verzichten) oder kleine Fluchten in nahe ruhigere
Räumlichkeiten helfen. Ein interessantes Konzept habe ich in Berlin erlebt.
In
einem der Gebäude am Brandenburger Tor wurde ein Raum der Stille eingerichtet. Er dient dem Rückzug und der
Kontemplation. Eine Idee, die sich problemlos auf andere Städte anwenden ließe.
Sollte der eigene Arbeitsplatz sehr laut sein oder
ein konzentriertes Arbeiten verhindern, so ist vielleicht ein geschickt
vorbereitetes Gespräch mit dem Vorgesetzten möglich. Immerhin liegt es auch in
seinem Interesse, dass seine Abteilung gute Leistungen erbringt.
Wird nichts gegen die Reizüberflutung unternommen, stellen
sich Stresskrankheiten ein. Gemeint sind Magen-Darm-Erkrankungen,
Kopfschmerzen, Migräne, Hörsturz oder Tinnitus, Depressionen, Burnout, …
Gruß
Hoch Sensitiv